Das Bild war 1933 unter dem Titel Landschaft mit Baum in der Kunsthalle Bremen ausgestellt.(1) Das Motiv stammt vermutlich aus der ländlichen Umgebung Bremens, vielleicht aus Borgfeld oder Fischerhude, wo Schreiber häufig gemalt hat. In seiner Werkliste von 1941 sind mehrere Landschaften aus Bremen-Oberneuland, vom Hodenberger Deich, von der Hamme, aus Farge oder von der Weser aufgeführt, darunter auch zwei Sommerlandschaften aus Fischerhude, die ausdrücklich als „ganz frühe Arbeiten“ bezeichnet werden.(2) Möglicherweise handelt es sich bei dem Gartenbild um die dort aufgeführte „Kleine Sommerlandschaft aus Fischerhude mit Baum“. Die niedrigen, rot gedeckten Häuser, der einfache Lattenzaun um den Baum im Vordergrund und das flache Land unter bewegtem Himmel sind jedenfalls charakteristisch für die Gegend bei Fischerhude und Worpswede. Auch die expressionistisch bewegte Pinselschrift, die die Gegenstände teils kräftig konturiert, teils in aufgeladenen Farbströmen vorträgt, spricht für eine Entstehung in den frühen zwanziger Jahren. Damals setzte sich Schreiber wohl noch unter dem Eindruck seiner Studienzeit in Dresden intensiv mit den Werken des deutschen Expressionismus, mit Nolde und Kokoschka, aber auch mit der Malerei von Maurice de Vlaminck und Marc Chagall auseinander. Die lichten, durchlässigen Partien in Rot-Rosa-Blau, die duftig leichten, an weiße Blüten erinnernden Farbtupfer im Blattwerk des Baumes und die träumerisch wehende Stimmung in der Landschaft lassen Anregungen durch Bilder Chagalls vermuten.
Im Jahr 1924 waren im Graphischen Kabinett in Bremen mehrere Sommerlandschaften, auch aus Fischerhude, ausgestellt, die sich nach Auffassung des Rezensenten durch eine besonders schwungvolle Malweise „in reiner Expression“ auszeichneten.(3) Möglicherweise befand sich auch das Gartenbild damals unter den ausgestellten Werken; sicher aber gehört es in diese Zeit.

Katharina Erling

(1) S. dazu den rückseitigen Aufkleber des Kunstvereins Bremen mit dem handschriftlichen Vermerk: „November 1933“. Wie aus dem Ausstellungsbuch 1930–1935 im Archiv der Kunsthalle hervorgeht, waren im November 1933 zwei Bilder von Gustav Adolf Schreiber in der November-Ausstellung zu sehen: Nr. 4047: Sommerlandschaft (450,-), unverkauft, und Nr. 4210: Landschaft mit Baum (250,-), nicht verkauft.
(2) Listen meiner Öl und Tempera-Bilder in Privatbesitz, aufgestellt: 1941–43, Nr. 84: „Kleine Sommerlandschaft aus Fischerhude mit Baum“; Nr. 86: „Kleine Sommerlandschaft (Wiesenbild mit Heuhaufen aus Fischerhude)“.
(3) Robert Kain: Bremer Kunstnachrichten, in: Bremer Nachrichten, 22. Mai 1924.