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Margarethe von Reinken (*Bremen 1877 - † Bremen 1962), Malerin

Schellfisch , um 1920
Enthalten in der Kollektion:
Provenienzforschung in der Kunsthalle Bremen

Margarethe von Reinken malte überwiegend Landschaften sowie Stillleben, die hauptsächlich Blumen darstellen. Lediglich zwei Fischstillleben lassen sich in ihrem Oeuvre nachweisen: der Schellfisch in der Kunsthalle Bremen sowie ein Pendant dazu, das jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.

Das Bremer Bild zeigt einen Fisch, der in einer flachen, irdenen Schale liegt, wobei die Schwanzflosse über den Rand hinaus ragt. Dahinter steht ein Topf, ebenfalls aus dunklem Ton. Während man den Topf von der Seite sieht, scheint der Blick eher von oben auf die Schüssel zu fallen: Darin liegt der ausgenommene Fisch, dessen großes gelbes Auge den Betrachter anzuschauen scheint. Zwar sind die Gefäße durchaus plastisch modelliert, doch der rhythmische Pinselstrich betont zugleich die Fläche der Leinwand. Im Bereich der Tischplatte imitiert der lockere Strich hingegen die Maserung.

Das Fischstillleben steht in einer langen Tradition, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Zu dieser Zeit war der tote Fisch oft ein Symbol für Vergänglichkeit, wie zum Beispiel bei Sebastian Stosskopffs Stillleben mit Karpfen auf einer Spanschachtel. Hauptmotiv ist ein toter Karpfen ebenfalls mit einem großen gelben, ins Leere blickenden Auge, über dessen Kopf an der Wand eine abgebrannte Kerze als bekanntes Symbol der Vergänglichkeit hängt. Diese Symbolik ist bei Margarethe von Reinken weniger offensichtlich, da ein konkretes Vanitas-Attribut fehlt. Dennoch gibt Margarethe von Reinken mit einer Blutspur am Bauch des Fisches und dessen leerem Auge deutliche Hinweise auf den Tod.

Auch der Genuss und die Zubereitung des Fischs als Nahrungsmittel wurden bereits im 17. Jahrhundert in üppigen Küchenstillleben thematisiert. Im 19. Jahrhundert beschäftigten sich unter anderem Edouard Manet oder Vincent van Gogh mit diesem Sujet. Die Fische in den Werken von Manet (Poissons(1)) oder Van Gogh (Stillleben mit Makrelen, Zitronen und Tomaten(2)) sind stets so arrangiert, dass man auf eine weitere Verwendung in der Küche schließen kann. Goya (Stillleben mit drei Lachsscheiben(3)) zeigt den Fisch bereits als zubereitetes Gericht. In diesem Kontext ist der Fisch also weniger Todessymbol, sondern er ist steht vor allem für Genuss. Auch der Fisch im Bild von Margarethe von Reinken soll zubereitet werden, doch alles Luxuriöse fehlt: Er erweist sich hier als eine ärmliche Speise, wie auch das schlichte Geschirr und die bräunliche Farbigkeit des gesamten Bildes nahelegen.

Stilistisch ist von Reinken der Tradition des deutschen Impressionismus verpflichtet. Der auffällige Perspektivwechsel zwischen Schale und Tontopf erinnert jedoch an Werke von Paula Modersohn-Becker (Stilleben mit Äpfeln und Bananen/ Stillleben mit Robbia-Putto(4)), die zeitgleich mit von Reinken in Worpswede tätig war. Allerdings entstand das Bild erst viele Jahre nach Modersohn-Beckers Tod: Im Ausstellungskatalog zu einer Margarethe von Reinken-Ausstellung in der Kunsthalle Bremen wird es vor 1924 datiert.(5)

Jasper Warzecha

(1) Vgl. Denis Rouart und Daniel Wildenstein: Edouard Manet. Catalogue raisonné, Paris 1975, Nr 80.
(2) Vgl. Jan Husker: The New Complete Van Gogh. Paintings, Drawings, Sketches, Amsterdam 1996, Nr. 1118.
(3) Vgl. Sammlung Oskar Reinhart “Am Römerholz” Winterthur.
(4) Vgl. Wolfgang Werner/Günther Busch: Paula Modersohn-Becker. Werkverzeichnis der Gemälde, München 1998, Nr. 613 und 624.
(5) Vgl. Lieselotte v. Reinken: Margarethe von Reinken, Kat. Ausst. Kunsthalle Bremen 1994, o.S.
Abmessungen
  • Objekt: 40 x 47 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
1409-2006/1
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Margarethe von Reinken (*Bremen 1877 - † Bremen 1962), Malerin

Werk
Titel:
Schellfisch
Entstehungsdatum:
um 1920
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 40 x 47 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Erwerbsinformation:

    2006

  • Vermächtnis Dr. Liselotte von Reinken, Bremen 2006
Provenienz
  • mind. 2006 Liselotte von Reinken erworben als Erbe ihrer Familie
  • 2006 Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen erworben als Vermächtnis Dr. Liselotte von Reinken
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    nicht ausgestellt