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Aline von Kapff (*Bremen 1842 - † Bremen 1936), Malerin

Fischverkäuferin , 1887

Aline von Kapff zeigt eine junge Fischverkäuferin in einem von einer marmornen Wand geschlossenen Raum. Ein goldfarbener Haken, an dem ein Zettel hängt, verstärkt den Innenraumcharakter und den Eindruck eines alltäglichen Geschehens. Die Frau stützt sich mit beiden Händen auf einen Tisch oder Tresen, auf dem zum Verkauf angebotene Austern, Fische und ein leuchtend roter Hummer präsentiert sind. In altmeisterlicher Feinmalerei hält die Künstlerin das Gesicht fest, die glänzenden Fischhäute, eine metallene Schüssel und den das Licht reflektierenden Tisch. Die Oberflächenbehandlung der gemalten Viktualien sowie ihre Anordnung und Auswahl lassen zunächst allgemein an Küchen- und Marktstillleben der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts denken. Darüber hinaus kommen auf den aus dieser Zeit stammenden Stillleben von „gedeckten Tafeln“ und „monochromen ontbijtjes“, etwa jenen von Pieter Claesz., häufig Austern auf Zinntellern und dazugehörige Zitronen vor. Die Werke dieser Epoche wirkten im 19. Jahrhundert vielerorts vorbildhaft, so auch in der deutschen Stilllebenmalerei.
Im Vergleich zu älteren Küchen- und Marktstillleben, wie sie beispielsweise von Frans Snyders überliefert sind,(1) fallen im Bild von Kapffs ein weniger üppiges Arrangement und die isolierte Stellung der Verkäuferin auf. Diese Besonderheiten lassen eher an eine Verbindung zu einem Gemälde der damals aktuellen französischen Kunst denken: Eine Bar in den Folies-Bergère von Edouard Manet aus dem Jahr 1881/82.(2) Die junge Dame an der Bar steht in ähnlicher Haltung wie die Fischverkäuferin mit aufgestützten Händen und melancholischem Gesichtsausdruck hinter einem Tresen mit seitlich zu einem Stillleben angeordneten Gegenständen. Bilder von Manet konnte Aline von Kapff während ihres mehrjährigen Aufenthaltes in Paris sehen, die Bar in den Folies-Bergère im Salon 1882 und 1884 in der Ecole des Beaux-Arts und im Hôtel Drouot. Manet hatte auch wiederholt Stillleben mit Fischen, Austern und Hummern gemalt, die wiederum seine Auseinandersetzung mit der Bildtradition des 17. Jahrhunderts zeigen.(3) Auch diese Werke Manets scheinen wichtige Impulse für die Fischverkäuferin gegeben zu haben.
Die von dem dunklen Hintergrund hervorgehobene, präzise Darstellung der Verkäuferin lässt vermuten, dass es sich um ein Porträt handeln könnte, möglicherweise um ein Selbstbildnis, dem die Künstlerin jugendliche Gesichtszüge verliehen hat. Neben den stillleben- und bildnishaften Elementen hat die Szenerie einen deutlich genrehaften Charakter, denn zu den repräsentativen Momenten kommt ein erzählerisches hinzu, wie es zumeist auch die niederländischen Werke bereichert. Die junge Frau hat einen verträumten Gesichtsausdruck, an zentraler Stelle liegen Geldstücke vor ihr auf dem Tisch, die an einen kurz zuvor abgeschlossenen Handel denken lassen. Möglicherweise wird hier auf eine amouröse Begegnung angespielt. Neben dem fast sehnsuchtsvollen Blick könnten dafür die Austern sprechen, bei denen in niederländischen Stillleben stets ihre Bedeutung als Aphrodisiakum mitschwang.
Aline von Kapff knüpft mit dieser Bildfindung also an die ältere niederländische Tradition und gleichzeitig an jüngere französische Werke an, die diese ebenfalls aufgreifen. Die zeitgenössische Kunst Frankreichs konnte sie vielerorts in Paris und durch die Arbeit bei ihrem Lehrer Alfred Stevens kennen lernen. Der gebürtige Belgier feierte große Erfolge und galt als Erfinder von genrehaften Darstellungen eleganter Damen der Pariser Gesellschaft. Dazu kam auch er unter anderem in Auseinandersetzung mit Bildern niederländischer Maler des 17. Jahrhunderts. Die feinmalerische Ausführung dieser Werke findet sich bei Stevens wie bei seiner Schülerin, auch wenn in ihren Werken an manchen Stellen der Pinselstrich sichtbar ist.

Alice Gudera

(1) Die Kopie eines Küchenstilllebens nach Frans Snyders, das lange Zeit als Original galt, befindet sich seit 1861 in der Kunsthalle Bremen, vgl. Corinna Höper: Katalog der Gemälde des 14. bis 18. Jahrhunderts in der Kunsthalle Bremen, Bremen 1990, S. 278–280. Vgl. auch Frans Snyders, Viskraam, um 1615,
134 x 204 cm, Moskau, Puschkin-Museum; vgl. Susan Koslow: Frans Snyders. Stilleven- en Dierenschilder 1579–1657, Antwerpen 1995, S. 140−141, Abb. 184, S. 141.
(2) 96 x 130 cm, Courtauld Institute, London.
(3) Vgl. Manet. The Still-Life Paintings, Kat. Ausst. Musée d’Orsay, Paris / Walters Art Gallery, Baltimore 2000/01, Abb. 15–17, 77.
Abmessungen
  • Objekt: 90 x 116,5 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
142-1936/9
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Aline von Kapff (*Bremen 1842 - † Bremen 1936), Malerin

Werk
Titel:
Fischverkäuferin
Entstehungsdatum:
1887
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 90 x 116,5 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • unten links signiert und datiert: v. Kapff. 1887.
Erwerbsinformation:

    1936

  • Vermächtnis der Künstlerin 1936
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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