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Rudolf Tewes

* Bremen 1879 - † Bremen 1965

Rudolf Tewes kam am 3. September 1879 in Bremen in einer angesehenen und wohlhabenden Kaufmannsfamilie zur Welt, die auch im Kunstleben der Stadt eine wichtige Rolle spielte. Auf Wunsch seines Vaters, des Kaufmanns und italienischen Konsuls Rudolf Tewes, studierte er zunächst Jura, bevor er sich 1900 an der privaten Malschule von Heinrich von Knirr in München einschrieb und ganz der Malerei widmete. Nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Berlin 1902/03 ließ er sich Ende Juni 1904 in Paris nieder, wo er mit Unterbrechungen bis 1927 lebte. Er stand dort in losem Kontakt zum Kreis der deutschen Künstler im Café du Dôme, in dem auch seine Bremer Malerfreunde Otto Wätjen und Ernst Matthes verkehrten, suchte aber auch den Kontakt zu zeitgenössischen französischen Künstlern und kannte unter anderem Pablo Picasso, Pierre Bonnard, Maurice Utrillo und den alten Degas. Intensiven Austausch pflegte er mit dem Kunstschriftsteller Julius Meier-Graefe, dem wortmächtigen Anwalt der französischen Impressionisten und Nachimpressionisten. Mit Ernst Matthes unternahm er im Januar 1907 eine Sizilienreise, ein Jahr später reiste er mit Meier-Graefe und dem Maler Leo von König durch Spanien. Spanische Städte und Landschaften waren seither Hauptmotive seiner Malerei. Seine erste Frau Cecilia de Madrazo, die er wohl um 1911 in Paris kennenlernte, stammte aus einer angesehenen spanischen Künstlerfamilie. 1912 malte Tewes zusammen mit Matthes in Hamburg das Speisezimmer von dessen Schwester Margarethe Blohm nach Plänen von Rudolf Alexander Schröder aus.(1) In den Jahren des Ersten Weltkrieges lebte er bei der Familie seiner Frau in Madrid. 1919 kehrte er nach Paris zurück. In den zwanziger Jahren unternahm er zahlreiche Reisen nach Italien und Südamerika.
Während zu Beginn seiner Malerlaufbahn der Einfluss von van Gogh und Cézanne in seinem Werk unverkennbar ist, verarbeitete er ab 1909 die Anregungen der französischen Impressionisten Renoir, Monet und Degas mehr und mehr zu einer eigenen, heiter ausgewogenen impressionistischen Malweise, die er auch bis ins hohe Alter beibehielt.
Mit seiner Heimatstadt blieb Tewes immer in enger Verbindung. 1902 stellte er erstmals in der Kunsthalle Bremen und in der Münchner Secession aus.(2) Zwischen 1906 und 1909 war er verschiedentlich in Ausstellungen der Berliner Secession und des Pariser Salon d’Automne vertreten.(3) Im Frühjahr 1907 wie auch in der Dezember-Ausstellung desselben Jahres waren mehrere Gemälde des jungen Künstlers in der Bremer Kunsthalle zu sehen, die enthusiastisch begrüßt wurden. Man verglich seine Gemälde mit denen van Goghs und Max Beckmanns.(4) Der Direktor der Kunsthalle Gustav Pauli und der Kustos Emil Waldmann setzten seitdem große Hoffnungen in das Bremer Talent. Bis 1914 waren die Bilder von Tewes regelmäßig in der Kunsthalle ausgestellt. Den Durchbruch in seiner Heimatstadt schaffte er 1910, als im Frühjahr sechs seiner Bilder in der Großen Internationalen Kunstausstellung neben Werken deutscher und französischer Impressionisten zu sehen waren und im Dezember 20 seiner Gemälde in einem Saal zusammen mit Arbeiten van Goghs und Gauguins gezeigt wurden. Mit der zunehmenden Popularität des Expressionismus ließ das Interesse an Tewes’ Arbeit jedoch nach. Im Frühjahr 1913 zeigte Karl Ernst Osthaus seine Werke im Museum Folkwang in Hagen, doch die Resonanz war gedämpft.(5) Tewes’ bislang größte Ausstellung im Frühjahr 1920 in der Bremer Kunsthalle mit 38 Gemälden wurde in der Presse kaum wahrgenommen.(6) Die Ausstellungen 1921 in den Hansa-Werkstätten in Hamburg und 1927/28 in der Galerie Matthiesen in Berlin sollten für lange Jahre seine letzten sein.(7)
1927 verließ Tewes Paris und zog nach Berlin. Bei Kriegsbeginn 1939 kehrte er endgültig nach Bremen zurück. Nach der Trennung von seiner ersten Frau ging er mit Gitta Tewes in Bremen eine neue Ehe ein. 1949 verlieh ihm der Bremer Senat anlässlich seines 70. Geburtstages den Professorentitel. Im Bremer Kunst- und Gesellschaftsleben dieser Zeit war Tewes eine bekannte Größe. Seine elegante Erscheinung und seine noble hanseatische Prägung hinterließen einen nachhaltigen Eindruck. Er erhielt zahlreiche Porträtaufträge, war aber aufgrund des väterlichen Vermögens nicht auf Verkäufe angewiesen. Sein Atelier befand sich in der Horner Heerstrasse Nr. 7. Seine Arbeiten waren mehrfach in der Kunsthalle, im Graphischen Kabinett und in der Kunsthandlung Schröder und Leisewitz ausgestellt und fanden zahlreiche Käufer. Als Kenner und Liebhaber alter und moderner Kunst stand er auch in regem Austausch mit Emil Waldmann, Direktor der Kunsthalle Bremen seit 1914, und mit dessen Nachfolger Günter Busch (1945–1984). Tewes besaß einen feinen Sinn für Qualität und hatte sich im Lauf der Jahre selbst eine umfangreiche Sammlung mit Werken alter und neuerer Meister zugelegt. Mit Hilfe seiner Kontakte zu Händlern und zeitgenössischen Künstlern in Paris konnte er nicht nur wichtige Werke in privaten Sammlungen unterbringen, sondern auch zahlreiche bedeutende Handzeichnungen und Druckgraphiken an die Kunsthalle verkaufen bzw. vermitteln. So kamen bis 1964 Arbeiten von Goya, Delacroix, Toulouse-Lautrec, Maillol, Cross und Degas in die Sammlung des Kupferstichkabinetts. Als Tewes am 22. Juni 1965 in Bremen starb, würdigte Günter Busch vor allem die heitere, lebensfrohe Seite seines Schaffens: „Seine Malerei, seine Zeichenkunst war dem Diesseits, dem Hier und Heute zugewandt, dem Schönen der Welt und des Lebens, wenn ich sage: seine Kunst war ein Preislied auf die lichte Seite der Schöpfung, auf die Sonne, den Süden […] die Schönheit, so habe ich damit zugleich die ganze Wärme seines Menschseins berufen.“(8)

Katharina Erling

(1) Heute im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe. Vgl. Peter Hirschfeld: Ernst Matthes, Kat. Ausst. Kunsthalle Bremen 1972, S. 13 und 6.
(2) In Bremen stellte er ein Bildnis, möglicherweise das Porträt seines Vaters aus: Ausstellungsbuch 1899–1906, S. 77, Nr. 69 (Besitzangabe: Konsul Tewes). Für München vgl. Offizieller Katalog der Frühjahrs-Ausstellung des Vereins bildender Künstler Münchens, Secession, Kat. Ausst. München 1902, Nr. 210: Interieurstudie.
(3) 1906 und 1907 in der Berliner Secession mit jeweils einem Selbstbildnis und im Pariser Salon d’Automne 1907–1909. 1909 beteiligte er sich an der Ausstellung in der Galerie Devambez am Boulevard Malesherbes, die Werke der in Paris lebenden deutschen Künstler vor allem aus dem Café du Dôme-Kreis zeigte. An weiteren Ausstellungen dieser lockeren Künstlergruppe nahm er nur einmal 1919 in Hannover teil.
(4) Ausstellungsbuch 1906–1913, S. 15, 3 Gemälde: Nr. 509-511, S. 41, 11 Gemälde: Nr. 432–442. S. dazu: Emil Waldmann: Aus der Bremischen Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten, 5. Februar 1907 und ders.: Aus der bremischen Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten 6. März 1907; Anonym: Aus der Bremer Kunsthalle, in: Bremer Tagblatt, [2. Hälfte] November 1907.
(5) C. St., in: Der Cicerone 5, 1913, S. 431.
(6) Ausstellungsbuch 1912–22, S. 151, Februar 1920, Nr. 473–510.
(7) F. A. H., in: Kunst und Künstler 20, 1921/22, S. 148. (Zur Einzelausstellung in den Hansa-Werkstätten in Hamburg).
(8) Nachruf für Rudolf Tewes anlässlich seiner Beerdigung am 25. Juni 1965, maschinenschriftliches Manuskript in Privatbesitz.
Bildnis Frau Eva-Margarete Jung
Bildnis Frau Eva-Margarete Jung , 1961

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Pfingstrosen
Pfingstrosen , 1909

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Bildnis Otto Fromme
Bildnis Otto Fromme , 1921

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Landschaft bei Granada
Landschaft bei Granada , 1911

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Selbstbildnis
Selbstbildnis , 1906

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Mädchen in Blau
Mädchen in Blau , 1909

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Emil Waldmann mit dem Bildnis des Dogen Francesco Donato von Jacopo Tintoretto
Emil Waldmann mit dem Bildnis des Dogen Francesco Donato von Jacopo Tintoretto , 1930

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Sitzender weiblicher Akt mit Tuch
Sitzender weiblicher Akt mit Tuch , 1909

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Stillleben
Stillleben , 1906

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Stillleben mit Topf und Büchern
Stillleben mit Topf und Büchern , 1908

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

La Virgen del Carmen (nach Juan de Valdes Leal )
La Virgen del Carmen (nach Juan de Valdes Leal ) , 1916

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler

Marie Luise und Erika Voigt, kostümiert für die Aufführung der
Marie Luise und Erika Voigt, kostümiert für die Aufführung der "Zauberflöte" , 1909

Rudolf Tewes (*Bremen 1879 - † Bremen 1965), Maler