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Wilhelm Heinrich Focke (*Bremen 1878 - † Bremen 1974), Maler

Die letzte Scholle , 1930er/40er Jahre

Focke zeigt hier einen Blick auf das überschwemmte, stellenweise noch vereiste oder mit Schneeresten bedeckte Flachland in der Umgebung von Bremen. Eine letzte größere Eisscholle treibt noch auf dem Wasser. Der Künstler dürfte das Motiv im Überschwemmungsgebiet der Wümme im Blockland oder an der Weser gesehen haben. Hinter dem Deich, der im Bild längs des Horizontes aus dem Wasser ragt, sind die Dächer einiger Gehöfte angedeutet. Die dunklen Grau-, Graublau- und Brauntöne der Landschaft, die nur vereinzelt von den weißlichen Schneeflecken und dem Blau des Himmels aufgehellt werden, entsprechen der Stimmung eines spätwinterlichen Tages im Bremischen Hinterland. Die Schönheit der Natur auch an so einem unwirtlichen, menschenleeren Ort wird zum eigentlichen Bildthema. Die Strukturen der Landschaft und ihrer Gegebenheiten – Erde, kahle Äste, Schilf, Wasser, Eis und winterlicher Himmel – sind in feinen Farbnuancen abgestimmt und entwickeln auf der weiten Fläche ein bewegtes Eigenleben.
Focke hat das Blockland oder die Landschaft an Wümme und Hamme immer wieder in Aquarellen und Gemälden je nach Tages- und Jahreszeit in verschiedensten Stimmungen festgehalten. Seit etwa 1915 komponierte er seine Landschaften zunehmend expressiver und dramatischer, die Pinselschrift wird offener, lockerer und schafft übergreifende Bildströmungen. Besonders niedrige oder hohe Horizonte, wie im vorliegenden Bild, schaffen Raum für bewegte Landstriche und aufgewühlte Wasserflächen oder dramatische Wolkenhimmel, wobei die unbegrenzten Blicke und das Fehlen menschlicher Bewohner an romantische Bildkonzeptionen erinnert. Dies zeigt sich auch im vorliegenden Bild in der Art und Weise, wie sich Land und Wasser in gegenläufigen oder miteinander korrespondierenden Bewegungen bis in die Ferne erstrecken. Trotz der expressiven Tendenzen in Komposition und Pinselführung herrscht hier in der Farbgebung und in der Lichtführung eine durchaus naturalistische Auffassung, die die Landschaft in ihren Einzelheiten erfasst und im Zusammenspiel durch Bewegung und gedehnte Perspektiven inszeniert. Daneben gibt es seit etwa 1915 auch vornehmlich an der Küste gemalte Meereslandschaften, die nur durch die Horizontlinie unterteilt in der Art von William Turner die Naturphänomene in bewegten Farbstrukturen wiedergeben. Diese unterschiedlichen Gestaltungsformen von Fockes Landschaftsmalerei geben keinen Hinweis auf eine stilistische Entwicklung: Noch in den 1960er Jahren trifft man auf beide gleichzeitig. Doch gibt es aus den 30er und 40er Jahren eine Reihe von dunkeltonigen, verhalten expressiven Landschaften aus dem Bremer Umland, von Juist(1) oder auch von der Nordsee, die eine Entstehung des vorliegenden Bildes in dieser Zeit wahrscheinlich machen.

Katharina Erling

(1) Vgl. den Text zu dem Bild Wrack auf Juist.
Abmessungen
  • Objekt: 40 x 66 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
548-1948/17
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Wilhelm Heinrich Focke (*Bremen 1878 - † Bremen 1974), Maler

Werk
Titel:
Die letzte Scholle
Entstehungsdatum:
1930er/40er Jahre
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 40 x 66 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • unten rechts monogrammiert: WF
Erwerbsinformation:

    1948

  • Erworben von der Kunsthalle Bremen 1948
Provenienz
  • 1948 Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen erworben vom Künstler
  • Creditline
    • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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    nicht ausgestellt