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Johann Heinrich Menken (*Bremen 1766 - † Bremen 1839), Maler

Vieh auf der Weide , undatiert

Im Vordergrund steht ein prachtvoller weißer Stier auf einer Weide am Ufer eines Flusses. Links davon, in kleinem Abstand dazu, ergänzen ein gefällig postiertes Schafpaar und eine braune Kuh das Bild. Diese wendet dem Betrachter das Hinterteil zu, vielleicht ein Versuch des Künstlers, den flüchtigen Moment zu unterstreichen. Rechts vorne lenkt ein dürres Pflanzengestrüpp den Blick bis zu einem verfallenen Holzzaun mit zwei Krähen. Hinter dieser kulissenartig aufgebauten Szene im Vordergrund breitet sich eine flache Landschaft aus, durch die sich ein Fluss mit einem vorgelagerten Seitenarm schlängelt. Solche Motive kann man heute noch häufig im Bremer Umland antreffen. Auf der Uferböschung erkennt man links in der Ferne einen in zarten Grüntönen angedeuteten hoch beladenen Erntewagen. Bauern kommen mit geschulterten Sensen hinzu, ein weiterer steht nahe am Wasser und unterhält sich mit einem Fischer in einem Boot. Weiter hinten auf dem Fluss sind Torfkähne mit breiten Segeln unterwegs, in der dunstigen Ferne kann man links drei und rechts einen weiteren unterscheiden. Sie verlieren sich in dem grauen Dunst zwischen Land und Himmel und lassen die Weite der Landschaft anklingen. Dagegen vermittelt der majestätisch inszenierte Stier im Vordergrund in seiner prallen, kraftvollen Erscheinung das Hier und Jetzt des vollen Lebens. Über der Landschaft wölbt sich ein hoher Himmel. Dichte, zum Teil dunkle Wolken ziehen auf. Über Land und Tieren liegt ein warmes, gleichmäßiges Licht, das eine stille, friedliche Stimmung verbreitet – vielleicht eine Abendstimmung an einem Sommertag – die nur durch das rupfende Grasen des Stieres unterbrochen zu werden scheint.
Auffallend ist der extreme Größenunterschied zwischen dem Stier im Vordergrund und den zart und verschwimmend angedeuteten Zeichen menschlichen Lebens im Hintergrund. Durch die übersteigerten Proportionen wird der Stier förmlich zu einem Sinnbild für die Kraft der ursprünglichen Natur. Deutlich ist eine Anlehnung an die Tierlandschaften des niederländischen Malers Paulus Potter zu erkennen. Auf Potters Gemälden Stier und Kühe in der Gemäldegalerie Berlin oder in seinem wohl bekanntesten Bild Der Stier aus dem Jahr 1647 im Mauritshuis in Den Haag wird auf vergleichbare Weise ein überdimensionaler Stier im Vordergrund zum Protagonisten des Geschehens.(1) Vergleichbar sind auch der kulissenartige Aufbau der Tiere auf leicht erhöhtem Terrain im Vordergrund und der Ausblick in die Weite der Landschaft unter einem dramatisch bewölkten Himmel. Menkens Vorliebe für die Weidestücke Potters, aber wohl auch allgemein für die niederländischen Tier- und Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts wie etwa Karel Dujardin, Aelbert Cuyp und Adriaan van de Velde kommt auch in der detailgenauen Malweise und in der Tendenz zur Monumentalisierung des einfachen Weideviehs zum Ausdruck. Viele Details wie die Kähne auf dem Fluss oder das Gestrüpp im Vordergrund sind eng vergleichbar mit Bildern von Potter oder Cuyp, sie belegen aber auch Menkens Freude am Erzählen und seine Beobachtungsgabe für die Charakteristika der heimatlichen Landschaft.(2) Im Unterschied etwa zu Potters beobachtendem Naturalismus kommt bei Menken eine empfindsamere Note ins Spiel, die einen idealen Naturzustand von Mensch und Tier in vollkommener Harmonie vor Augen führt. Diese Vorstellung dürfte durch die idealistische Landschaftsmalerei von Menkens Lehrer Johann Christian Klengel in Dresden und dessen Tierlandschaften geprägt worden sein. Menken zeigt sich hier als Maler zwischen idealistischer Konzeption in der Nachfolge des Klassizismus und subjektiver Naturanschauung im Vorfeld der Romantik.

Katharina Erling

(1) Paulus Potter: Der Stier, 1647, Öl auf Leinwand, 235,5 x 339 cm, Mauritshuis Den Haag
(2) Aelbert Cuyp: Peasants and Cattle by the River Merwede (1658-60), National Gallery London oder: Young herdsmen and cows, 1665–1667, Metropolitan Museum New York.
Abmessungen
  • Objekt: 84 x 107 cm
Raum
ausgestellt: OG Mittelsaal
Inventarnummer
68-1925/12
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Werkinformationen

Künstler

Johann Heinrich Menken (*Bremen 1766 - † Bremen 1839), Maler

Werk
Titel:
Vieh auf der Weide
Entstehungsdatum:
undatiert
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 84 x 107 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • unten rechts signiert: Menken.
Erwerbsinformation:

    1925

  • Vermächtnis Oskar Wilhelm Poppe, Bremen, 1925
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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ausgestellt: OG Mittelsaal