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Johann Heinrich Menken (*Bremen 1766 - † Bremen 1839), Maler

Rinder auf der Weide , um 1800/1810

Auf einer Weide an einer Uferböschung eines links sichtbaren Flusses tummeln sich einige Rinder und ein Pferd. Ein Stier ist im Begriff, eine Kuh zu bespringen, zwei Kühe liegen widerkäuend neben ihren Kälbern. An einem Holzgatter im Hintergrund streichelt eine Bauersfrau ein Kälbchen, ein Hund schaut zu. Dahinter ragen der gabelförmige Stamm eines Ziehbrunnens mit hochgezogenem Schwengel und Eimer in die Luft. In einer Erdmulde unmittelbar im Vordergrund liegen und wühlen Wildschweine im Schlamm. Am linken Abhang rasten einige Hirten mit Blick über den Fluss und die weite Landschaft. Sie zeigen auf ein Boot in Schräglage, das von einem Ruderboot angesteuert wird. Über dem Geschehen wölbt sich ein hoher blauer Himmel, an dem dunkle Wolken aufziehen, die die Landschaft in ein bewegtes Lichtspiel tauchen. Dadurch wird der Eindruck von wandernden Wolken, frischem Wind und wärmender Sonne erzeugt, wie er für die Landschaft der norddeutschen Tiefebene charakteristisch ist. Die ländliche Idylle mit Hirten und Tieren vermittelt die Vorstellung eines sorglosen Daseins voll Lebensfreude und Harmonie im Einklang mit der Natur.
Prominent in den Vordergrund gerückte Weidetiere und Hirten auf einer Anhöhe vor weiter idyllischer Landschaft, der Himmel als Schauspiel dramatischer Wolkenbilder und wechselnder Lichtführung sind charakteristische Merkmale der niederländischen Tierlandschaften von Paulus Potter, Aelbert Cuyp oder Adriaan van de Velde, bei denen sich Menken mit Sicherheit Anregungen geholt hat. An Paulus Potters Tierbilder erinnern etwa die sicher erfassten Eigenarten der tierischen Verhaltensweisen und Bewegungsabläufe. Viele solcher Gemälde dürften während Menkens Tätigkeit als Kunsthändler durch seine Hände gegangen sein. Er besaß selber eine große Sammlung alter Gemälde, die 1827 bei dem Brand seines Hauses weitgehend zerstört wurde. Bereits in jungen Jahren muss er eine besondere Geschicklichkeit im Kopieren alter Niederländer an den Tag gelegt haben, wie es sein erster Biograph Justus Gottfried Thumsener berichtet: „Seine Copiien nach Jacob Ruysdael, Paul Potter, und Adrian van de Velde, die von hier ausgewandert sind, sodann die nach Albert Kuyp und Wilhelm Romeye […] und wiederum nach Adriaan van de Velde und Pieter van Laar […] sind wahre Meister-Copien und wurden schon von gewiegten Kennern für Originale jener Meister angesehen.“(1) Man sagt ihm sogar nach, er habe später manch ein „altes“ Bild „Im Style Ruesdaels“ oder „Nach Potters Manir“ selber gemalt.(2)
Im Unterschied zu der meist feinmalerischen Behandlung seiner anderen Gemälde in der Sammlung der Kunsthalle ist dieses Bild mit breitem Pinsel, dickem pastosen Farbauftrag und schneller, bewegter Pinselführung gemalt. Die flotte Pinselschrift unterstreicht die von Wind und Wolken belebte Szene und bringt eine unmittelbare, spontane Note ins Spiel. Menken soll diese Malweise 1797 bei seinem zweiten Aufenthalt in Dresden kennengelernt und seitdem immer wieder angewendet haben. In Bremen fand er dafür wenig Verständnis und machte sich damit seine anfänglichen Erfolge beim Bremer Bürgertum sogar zunichte. Seine Zeitgenossen kritisierten den „kecken, flüchtigen, oft aber ins Rohe ausartenden Farbenauftrag und Pinselführung, […] wodurch solche Werke […] bald als gekleckst und unbeholfen impastirt erscheinen, bald aber dem Anschein nach als unvollendet auffallen müssen“. Man vermisste darin die sorgfältige Ausführung und die Korrektheit der Zeichnung und bemängelte dies als oberflächliche „Hurtigmalerei“.(3) So meint Thumsener: „Licht und Schatten, Beleuchtung und Lichtvertheilung“ könnten nur „mittels tiefdurchdachter Steigerung und Abschwächung des Farbenwechsels gewonnen“ werden. In dieser Kritik äußert sich das in Bremen damals vorherrschende Kunstideal der Feinmalerei nach dem Vorbild der alten Niederländer. Möglicherweise wollte sich Menken mit dieser unbekümmerten, frischen Naturstudie davon absetzen und einen realistischeren Weg einschlagen. So wenig Anhaltspunkte es für die Datierung seiner Bilder gibt, spricht der frische Zugang für eine frühe Entstehung des Bildes um 1800/1810.

Katharina Erling

(1) [Justus Gottfried Thumsener]: Die bremischen Maler J. H. und dessen Sohn G. Menken, in: Bremisches Conversationsblatt Nr. 4, 13. Januar 1839, S. 24.
(2) Werner Vogt: Die Maler Johann Heinrich Menken (1766–1839) und Gottfried Menken (1799–1838). Ein Beitrag zur bremischen Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts, in: Bremisches Jahrbuch 33, 1975, S. 150, 158, Anm. 50.
(3) [Justus Gottfried Thumsener]: Rückblick auf Johann Heinrich Menkens Bedeutung als Künstler, in: Bremisches Conversationsblatt Nr. 12, 10. Februar 1839, S. 71, Nr. 14, 17. Februar 1839, S. 83.
Abmessungen
  • Objekt: 43,5 x 56,5 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
205-1911/8
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Johann Heinrich Menken (*Bremen 1766 - † Bremen 1839), Maler

Werk
Titel:
Rinder auf der Weide
Entstehungsdatum:
um 1800/1810
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 43,5 x 56,5 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • am Rand rechts monogrammiert: J.M.
Erwerbsinformation:

    1909

  • Leihgabe Dr. Wilhelm Herbst 1909
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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nicht ausgestellt