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Friedrich Wilhelm Steinhäuser (*Bremen 1817 - † Bremen 1903), Maler

Bildnis Georg Andreas Steinhäuser , um 1842

Das Bildnis zeigt den Vater des Künstlers, den Bildhauer und Holzschnitzer Georg Andreas Steinhäuser. Er wurde am 3. Januar 1779 in Ergersheim in der Nähe von Rothenburg ob der Tauber geboren und starb am 12. Juni 1843 in Bremen.(1) Unter seinen Vorfahren finden sich Pfarrer, markgräfliche Kommissare und Konditoren.
Als 17-jähriger Kunsthandwerker ging Georg Steinhäuser auf Wanderschaft nach Paris und besuchte nach der Jahrhundertwende die Akademie in Kopenhagen.(2) 1808 kam er nach Bremen, stellte 1810 einen Antrag auf Erteilung des Bürgerrechts und eröffnete am 23. September 1816 mit Justus Keck in der Sögestraße 7 eine „Spiegelglas-, Belege-, Polir- und Schleiferey“, wie es in seiner Geschäftsanzeige in den Bremer wöchentlichen Nachrichten hieß.(3) In Steinhäusers Fabrik wurde Glas mit einer reflektierenden Spiegelschicht belegt anschließend gerahmt, außerdem wurden Gläser bearbeitet.(4) Keck schied bald wieder aus und Steinhäuser führte das Geschäft, das ab 1815 die Hausnummer 42 erhielt, allein weiter.(5) In seiner Werkstatt unterrichtete er seine Söhne und bildete Lehrlinge in der Holzschnitz- und Bildhauerkunst aus.(6) So trat beispielsweise sein Sohn Carl 1828 als Stuckateurlehrling in das väterliche Spiegelrahmengeschäft ein.(7) Der Vater selbst war als Ornamentbildhauer unter anderem am Dom zu Verden und für die Propsteikirche St. Johann in Bremen tätig.(8) Am 4. November 1812 heiratete er die aus Diepholz stammende Putzmacherin Henriette Friederike Froböse, die am 3. Juli 1813 den ersten Sohn Carl zur Welt brachte. Sieben weitere Kinder folgten.(9) Von den acht Kindern blieben fünf unverheiratet, eins starb bei der Geburt.(10)
Georg Andreas Steinhäuser ist auf dem Porträt als Halbfigur dargestellt. Vor dem dunklen, in grünlich-braunem Ton gehaltenen Hintergrund wirkt der Kopf scharf konturiert und plastisch, das Licht konzentriert sich auf Gesicht und Hände. Der offene und verschmitzt wirkende Blick des älteren Mannes ist direkt auf den Betrachter gerichtet. Glanzlichter auf Stirn, Nasenrücken und -spitze, leichte Schattierungen um die Augen und die Betonung von Falten verleihen dem Gesicht einen lebhaften, aktiven Ausdruck. Natürliche Alterserscheinungen der Haut prägen sein Gesicht. Diese scharfe und realistische Wiedergabe der Gesichtszüge kennzeichnet nicht nur das Bildnis des Vaters des Künstlers, sondern auch das der Mutter, das sich gleichfalls in der Sammlung der Kunsthalle Bremen befindet. Bei den Bildnissen jüngerer Modelle – wie beispielsweise der Geschwister oder der Verwandten des Künstlers – arbeitete Steinhäuser dagegen in weichen, summarischen Strichen, die die Gesichtszüge eher idealisieren.(11) Es muss offen bleiben, ob dies aufgrund von Steinhäusers stilistischer Entwicklung geschah oder wegen der gezielten Wahl des Darstellungsmodus. Auch weist das Bildnis des Vaters als einziges der insgesamt sieben inventarisierten Werke Steinhäusers in der Kunsthalle Bremen ein Monogramm auf.(12)
Der Vater ist nach rechts ins Bild gesetzt und im festlichen Gesellschaftsanzug der 1830er Jahre porträtiert.(13) Unter einem schwarzen Gehrock oder Frack mit sehr hoch am Hals aufsteigendem Kragen trägt Georg Steinhäuser eine schwarze Weste und eine gefältelte weiße Hemdbrust mit hohem Kragen, dem sogenannten Vatermörder. Die weiße Seidenkrawatte war für den festlichen Anlass obligatorisch. Der weit geschnittene dunkelblaue Umhang, den er mit seiner rechten Hand vor der Brust zusammenrafft, ergänzt das Ensemble. Die kleine Kette zum Einhaken des Pelzkragens erlaubt eine Identifizierung des Übergewandes als ärmellosen Umhang oder Cape, wie ihn der elegante Mann aus der Zeit des Biedermeier schätzte. Auch die sehr frei ins Gesicht gekämmten Haarfransen zeigen, dass Herr Steinhäuser Wert auf eine modische Erscheinung legte.(14) Seine Haare sind deutlich länger geschnitten, als es noch in den 1820er Jahren üblich war.
Das gepflegte, vornehme Erscheinungsbild lässt auf Wohlstand schließen. Die Steinhäusers zählten zu den bekannten und angesehenen Familien in Bremen, durch ihre künstlerische Tätigkeit erlangten sie Zugang zur Oberschicht und durch Verheiratung der Kinder waren sie mit namhaften Familien wie Pacius und Roselius verbunden.
Die Entstehungszeit des Porträts lässt sich aufgrund der biografischen Daten zwischen 1841, als Wilhelm Steinhäuser von seinem Romaufenthalt nach Bremen zurückkehrte, und dem Tod seines Vaters 1843 eingrenzen.(15) Diese Datierung wäre durchaus mit dem modischen Verhalten einer eher traditionsbewussten älteren Generation zu vereinbaren. Vermutlich in der gleichen Zeit schuf Steinhäuser ein Bildnis seiner Mutter. Wegen des unterschiedlichen Formats und der Komposition erweisen sich die Elterndarstellungen jedoch als eigenständige Porträts, nicht als Pendants.(16) Sie dienten als private Erinnerungsbilder in der Familie, in der sie viele Jahre weitergegeben wurden, bis sie als Vermächtnis in die Kunsthalle Bremen kamen.

Anke Schmidt-Staufenberg

(1) Vgl. Civilstandsregister Bremen 1843, Sterbefälle, abgedruckt in: Harry Schwarzwälder: Versuch einer Darstellung vom Leben und Werk des Bildhauers Carl Steinhäuser 1813–1879, unveröffentlichtes Manuskript, Bremen 2004, A 13.
(2) Vgl. Helke Kammerer-Grothaus: Carl Johann Steinhäuser 1813–1879, ein Bildhauer aus Bremen, in: Bremer Skulpturen 1, Delmenhorst / Berlin 2004, S. 8.
(3) Vgl. Anträge auf Erteilung eines Bürgerrechts in der Zeit von 1608–1811, DIE MAUS, Gesellschaft für Familienforschung Bremen e.V. Beim Spiegelbelegen wurde auf das geschliffene und polierte Glas eine reflektierende Spiegelschicht gelegt, eine Amalgam-Schicht aus Quecksilber und Zinn. Der Abdruck der Geschäftsanzeige in: Schwarzwälder 2004 (wie Anm. 1), S. 6.
(4) Schwarzwälder 2004 (wie Anm. 1), S. 6, im Bremer Adressbuch von 1817 wird Steinhäuser als Bildhauer geführt, der Spiegelglas belegt, poliert und schleift, Staatsarchiv Bremen.
(5) Schwarzwälder 2004 (wie Anm. 1), S. 4.
(6) Vgl. Heinrich Freese, Wikipedia (Zugriff 29.11.10).
(7) Schwarzwälder 2004 (wie Anm. 1), S. 11.
(8) Für die Propsteikirche St. Johann in Bremen schuf Georg Steinhäuser 1845 einen hölzernen Taufkessel. Vgl. Kammerer-Grothaus 2004 (wie Anm. 2), S. 8 und S. 100, Anm. 3.
(9) Civilstandsregister Bremen 1812: Trauungen, S. 491, Nr. 245, abgedruckt in: Schwarzwälder 2004 (wie Anm. 1), A 1.
(10) Vgl. Stammtafeln des Civilstandesamtes und des Standesamtes 1824–1933, Georg Andreas Steinhäuser, Nr. 02486, Staatsarchiv Bremen.
(11) Vgl. Steinhäusers Bildnisse von Apollonia Steinhäuser, Franz Wilhelm August Steinhäuser, Georg Conrad Pacius, Henriette Steinhäuser und Frau Zieseniß in der Kunsthalle Bremen.
(12) Das Monogramm zeigt einen Bildhauerhammer mit verschlungenem S. Warum Wilhelm Steinhäuser nur bei dem Bildnis des Vaters ein Monogramm angebracht hat, bleibt unklar. Vielleicht verstand sich Wilhelm Steinhäuser damals gleichermaßen als Bildhauer und Maler.
(13) Wir danken Frau Prof. Waltraud Dölp, Hochschule für Künste Bremen, für die kostümhistorischen Informationen.
(14) Auf eine modisch zeitgemäße Lockung und die fast obligatorischen Koteletten verzichtet er allerdings. Hinweis von Frau Prof. Waltraud Dölp.
(15) Damals malte er u.a. Johanna Wilhelmine Smidt, geb. Rohde, die Frau des berühmten Bremer Bürgermeisters, vgl. Kunst und Bürgerglanz in Bremen, Kat. Ausst. Focke Museum Bremen 2000, Abb. S. 88.
(16) Vgl. zum Thema Ehepaarporträt: Carola Muysers: Das bürgerliche Portrait im Wandel, Hildesheim / Zürich / New York 2001, S. 126f. und Hans-Joachim Raupp / Ulrich Großmann (Hg.): Portraits. Niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts der SØR Rusche-Sammlung, Münster / Hamburg / London 1995, S. 4f. Vgl. Bildnis der Henriette Friederike Steinhäuser.
Abmessungen
  • Objekt: 73,5 x 63,5 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
674-1954/43
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Friedrich Wilhelm Steinhäuser (*Bremen 1817 - † Bremen 1903), Maler

Werk
Titel:
Bildnis Georg Andreas Steinhäuser
Entstehungsdatum:
um 1842
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 73,5 x 63,5 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • unten rechts monogrammiert:
Erwerbsinformation:

    1954

  • Vermächtnis Betty Pacius, geb. Roselius 1954
Provenienz
  • Georg Andreas Steinhäuser (3.1.1779 - 12.6.1843) erworben vom Künstler
  • Pacius verwandt mit der Familie Steinhäuser
  • 7.4.1954 Betty Pacius
  • 1954 Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen Betty Pacius, geb. Roselius
  • Creditline
    • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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    nicht ausgestellt