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August Wilhelm Wedeking (*Bremen 1807 - † München 1875), Maler

August Adolph Wedeking, Sohn des Künstlers (27. November 1836-1855) , 1841

Im Jahr 1841 schuf der Maler August Wilhelm Wedeking Porträts seines Sohnes und seiner Tochter als zusammengehöriges Bilderpaar. Einzelbildnisse als Pendants, die entweder das Ehepaar oder Tochter und Sohn einander gegenüberstellten, waren eine gängige und gefragte künstlerische Aufgabe der Biedermeierzeit. Für gewöhnlich wurden die abgebildeten Personen in ihren typischen Rollenmustern dargestellt.(1)
August Adolph Wedeking wurde am 27. November 1836 in Bremen geboren und dürfte zum Entstehungszeitpunkt seines Porträts etwa fünf Jahre alt gewesen sein. Analog zum Bildnis der Schwester, Gertrude (Inv. Nr. 1398–2005/5), wird der Sohn im Hüftbild gezeigt, während sich das Gesicht fast frontal dem Betrachter zuwendet. Der Körper des Knaben ist hingegen in Dreiviertelansicht wiedergegeben, wodurch das Kind lebendiger und weniger distanziert erscheint.
August Adolph trägt ein blaues Jungenkleid mit modischem Kordelbesatz und dekorativen Perlmutter-Knöpfen auf den Ärmeln. Sein blondes Haar ist seitlich gescheitelt und ein Paar herausstehende Haarsträhnen erwecken den Eindruck, der Junge habe für die Porträtsitzung sein Spielen unterbrochen. Mit wachen Augen schaut der Knabe unmerklich am Betrachter vorbei.
Entschlossen halten die Hände den kleinen, mit Kinderspielzeug gefüllten, Korb. Eine Miniaturkirche aus bemaltem Holz ragt aus dem Behältnis. Vielleicht soll sie ein Hinweis auf den ehrenwerten Charakter sein, der im Inneren des Burschen heranreift. Noch darf er Kind sein und im Schutz des mächtigen Eichenbaums spielen ¬– fern der steinigen Hügellandschaft, die sich in den kleinen Durchblicken zum Bildhintergrund abzeichnet. Von vorne links ins Bild hinein strahlend, leuchtet dem Dargestellten warmes Licht entgegen. Deutlich hebt sich die Figur von den dunkleren Tönen des Hintergrundes ab, wo dämmriges Violett das Kommen der Nacht ankündigt.
Kinderporträts wie dasjenige Wedekings spiegeln die gesellschaftliche Wahrnehmung junger Menschen im Wandel der Zeit: Während des 18. Jahrhunderts gerieten die Darstellungen familiärer Sprösslinge zunehmend kindlicher, bis das Kinderporträt zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts einen revolutionären Wandel durch Philipp Otto Runge erfuhr (unter anderem: Die Hülsenbeckschen Kinder, 1805/07, Hamburger Kunsthalle). Die Kindheit wurde zunehmend – in der Gesellschaft wie in der Kunst – als ein eigener Lebensabschnitt begriffen, in dem der junge Mensch unversehrt und gesund heranwachsen sollte.(2)
Mit dem kräftigen Baum im Bildmittelgrund und seinem saftig-grün sprießenden Laub wird die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, die seitens der Familie in den kleinen Wedeking gesetzt wurde. Zum Attribut des Eichenbaumes und seiner Bedeutung für den im Porträt dargestellten Mann zur Zeit des Biedermeier erläutert Hildegard Westhoff-Krummacher: „Er ist das Symbol seiner Dominanz, seiner männlichen Stärke und Kraft.“(3) Von August Adolph wurde folglich erwartet, dass er zu einem Mann heranwachsen und der stolze Stammhalter der Familie werden würde. Dass er bereits 1855 ¬– fünfzehn Jahre nach Vollendung seines Porträts – sterben würde, konnte zu diesem Zeitpunkt niemand ahnen.(4)

Kai Hohenfeld

(1) Ein weiteres repräsentatives Beispiel hierfür ist das Porträtpaar der Kinder des Ehepaares Werner, gemalt von Ferdinand Georg Waldmüller im Jahr 1835: Dargestellt sind der ernst blickende Sohn in dunkler Kleidung mit einem Dominospiel und die lächelnde Tochter im grünen Kleid mit Puppe und Apfel (Neue Galerie der Stadt Linz). Vgl. Klaus Albrecht Schröder: Ferdinand Georg Waldmüller, Kat. Ausst. Kunstforum Länderbank Wien, 1990, München 1990, S. 104, 241, Nr. 44, 45, Taf. 34, 35.
(2) Vgl. Frank Schmidt: Die Kinder der Künstler. Zwischen privatem und öffentlichem Bild, in: Künstlerkinder von Runge bis Richter, von Dix bis Picasso, Kat. Ausst. Kunsthalle Emden, 2012/13, S. 23–30, hier S. 23f.
(3) Hildegard Westhoff-Krummacher: Als die Frauen noch sanft und engelsgleich waren. Die Sicht der Frau in der Zeit der Aufklärung und des Biedermeier, Kat. Ausst. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, 1995/96, S. 94.
(4) Vgl. Die Maus. Gesellschaft für Familienforschung e. V., Bremen, Stammtafel Nr. 7107.
Abmessungen
  • Objekt: 61,5 x 50,5 cm
Raum
ausgestellt: EG Ausstellung West
Inventarnummer
1397-2005/4
Permalink

Werkinformationen

Künstler

August Wilhelm Wedeking (*Bremen 1807 - † München 1875), Maler

Werk
Titel:
August Adolph Wedeking, Sohn des Künstlers (27. November 1836-1855)
Entstehungsdatum:
1841
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 61,5 x 50,5 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Erwerbsinformation:

    2005

  • Geschenk Kurt Freese, Gertrude Freese-Frerichs und Tochter Petra, Massapequa, New York 2005
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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ausgestellt: EG Ausstellung West