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Arthur Fitger (*Delmenhorst 1840 - † Bremen 1909), Maler

Dekorativer Entwurf , 1885

Auf einer Mauerbrüstung über einem Giebel sitzen links zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge, und rechts ein Putto mit Blumengirlande und ein Flöte spielendes Faunenkind. Alle lauschen aufmerksam der Musik, der Junge verweilt mit aufgestütztem Kopf in der Art einer klassischen Melancholiedarstellung. Zwischen den Paaren liegen Blumen auf der Brüstung, dahinter öffnet sich eine Waldlichtung, und ein Stück Himmel wird sichtbar. Die leichte, flüssige Malerei, die an manchen Stellen die Struktur der Leinwand durchschimmern lässt, hat den Schwung und den Charme einer ersten Ideenskizze. 1885 datiert, ist die Studie vermutlich für eine der vier Supraporten im Treppenhaus der Hamburger Kunsthalle entstanden, das Fitger bis 1889 zusammen mit dem Hamburger Maler Valentin Ruths mit Gemälden ausstattete. Nicht nur der Giebel, auch das Format und die Malweise sprechen dafür. Die ersten Entwürfe für das Treppenhaus lieferte er im Frühjahr 1884, die letzten 1886.(1) Zuletzt malte er an den kurzen Seiten des Treppenhauses vier große Wandbilder mit den vier Lebensaltern sowie über den vier Türen Allegorien der vier Elemente. Vielleicht war der dekorative Entwurf ursprünglich für das Feld über der links vom Treppenaufgang abgehenden Tür gedacht. An dieser Stelle ist heute die Allegorie der Erde, ebenfalls mit jungen Menschen in ländlich idyllischer Umgebung zu sehen. Da Fitgers Leitthema der großen Gemälde die vier Lebensalter waren, könnte er hier zwischen den großen, Jugend und Alter vorstellenden Bildallegorien mit Blick auf die vergehende Zeit zunächst eine heiter-besinnliche Figurengruppe vorgesehen haben, die er dann aber durch eine unbeschwertere Komposition ersetzte.
Die Ölskizze ist vom Zauber der Musik und einer arkadischen, durch die melancholische Haltung des Jungen gedämpften Stimmung durchdrungen. Flötenspiel und nachdenkliches Sinnen in ländlicher Umgebung verweisen die Darstellung in die Reihe der arkadischen Schäferszenen, wie sie seit den antiken Illustrationen zu Vergils Hirtengedichten über Tizian, Nicolas Poussin oder Claude Lorrain bis zu Peter Paul Rubens als Ausdruck der Sehnsucht nach paradiesischer Zuständlichkeit verbreitet waren. Die warmen Braun- und Rottöne und das gelblich durch die Bäume schimmernde Licht des Entwurfes erinnern an Tizian, der großzügige Schwung der Malerei dagegen an Fitgers Vorbild Rubens. Die weich fließende Malweise und die koloristische Ausrichtung an Rubens und Tizian sind typisch für Fitgers Gemälde der 1880er Jahre. Auch die Wandbilder im Hamburger Treppenhaus sprechen deutlich von der Verehrung dieser beiden Maler.
Anregungen für die Ölskizze könnten vielleicht Tizians Ländliches Konzert im Louvre oder auch das Venusfest von Rubens im Kunsthistorischen Museum in Wien gegeben haben. Die flotte Malweise, die charakteristische Figurentypen des Vorbildes wie hier etwa die Putten aus dem Venusfest übernimmt und in einen ganz anderen Zusammenhang stellt, ist typisch für Fitgers unbekümmerte künstlerische Anverwandlung der alten Meister und seine dekorative Bildauffassung. Vgl. dazu etwa das Gemälde Der Winzer in der Kunsthalle. Die sichere Handschrift und die gekonnte Umsetzung war es wohl auch, was der große Kunsthistoriker Max Friedländer, aus dessen Sammlung das Bild stammte, besonders an ihm geschätzt hat.(2)
Putten und Kinder gehörten zum barocken Bildrepertoire Fitgers. Sie fehlen auf kaum einer Wanddekoration. Gelegentlich treten sie wie in dieser Ölskizze als eigenständiges Thema auf. Bereits in seinen ersten Wanddekorationen 1865 im Schloss Nordeck bei Wittmund in Ostfriesland malte Fitger einen Kinderfries. Weitere folgten, so u. a.1874 im Hause von Carl Melchers in Bremen, 1883 im Bremer Waisenhaus und 1900 der Puttenfries in der Villa Büsing-d’Orville in Frankfurt am Main.

Katharina Erling

(1) Soweit geht es aus dem Briefwechsel zwischen Fitger und der Hamburger Kunsthalle hervor. Frdl. Mitteilung von Wolfgang Türk vom 26. November 2009.
(2) Günter Busch, in: Georg von Lindern: Arthur Fitger, Maler und Dichter 1840–1909, Delmenhorst 1962, S. 5.
Abmessungen
  • Objekt: 30 x 43 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
662-1954/33
Permalink

Werkinformationen

Künstler

Arthur Fitger (*Delmenhorst 1840 - † Bremen 1909), Maler

Werk
Titel:
Dekorativer Entwurf
Entstehungsdatum:
1885
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 30 x 43 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • links signiert und datiert: A. Fitger. 85
Erwerbsinformation:

    1954

  • Geschenk Prof. Dr. Max J. Friedländer, Amsterdam 1954
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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nicht ausgestellt