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August Wilhelm Wedeking (*Bremen 1807 - † München 1875), Maler

Otto Peter Heyn, Bremer Kahnschiffer, der Schwiegervater des Künstlers (1783-1859) , 1841

Otto Peter Heyn (27. September 1783 – 16. Juli 1859) war ein Bremer Kahnschiffer,(1) der mit eigenem Boot auf der Unterweser fuhr. Zwischen Alt- und Neustadt betrieb er eine Fähre und führte zudem an einer der Anlegestellen eine Gastwirtschaft.(2) Seine älteste Tochter, Gertrud Margarethe, war die erste Ehefrau des Künstlers August Wilhelm Wedeking. Dieser hatte 1841, im Entstehungsjahr des Bildnisses, in München seine Ausbildung zum Porträtmaler begonnen.(3)
Das Porträt zeigt Otto Peter Heyn im Brustbild. Der neutrale bräunliche Hintergrund lässt allein dem Körper eine raumkonstituierende Wirkung zukommen und fokussiert die Aufmerksamkeit auf den Dargestellten.(4) In Dreiviertelansicht wiedergegeben, ist die rechte Hälfte von Körper und Gesicht gleichmäßig ausgeleuchtet. Heyn nimmt eine aufrechte Haltung ein und wendet das Haupt dem Betrachter zu. Zugleich ist die rechte Schulter vom Bildrand angeschnitten, sodass der Dargestellte seinem Gegenüber sehr nahe rückt.
In feinmalerischer Manier – also ohne sichtbaren Pinselstrich – schuf Wedeking ein realistisches Porträt und verlieh seinem Modell ausdrucksvolle Gesichtszüge. Fehlende Altersspuren der Haut zeigen jedoch, dass der Maler das Äußere von Heyn leicht idealisierte: Trotz eines Lebens in rauem Klima und voll harter Arbeit sind Stirn, Augen und Wangen nahezu faltenfrei. Über die Wiedergabe des äußeren Erscheinungsbildes hinaus gewährt das Porträt einen Einblick in Heyns persönliches Wesen. Schmale Lippen mit leicht abfallenden Mundwinkeln sowie der fixierend-kühle Blick erwecken einen musternden und abschätzigen Eindruck. Das charaktervolle Minenspiel des Dargestellten ist Zeugnis der genauen Beobachtungsgabe und Kunstfertigkeit Wedekings.
Die festliche Kleidung des Porträtierten entspricht der zeittypischen Mode: Ein weißes Hemd schaut zwischen den Revers des dunklen Fracks hindurch und der Vatermörder wird nahezu vollständig von der umgebundenen Krawatte verdeckt.(5) Ebenfalls im Stil der Zeit sind das Haupthaar und der Bart frisiert: Buschige Favoris senken sich von den Schläfen an den Wangen herab. Um die Stirn herum ist das volle braune Haar in Wellen gelegt.
Im Biedermeier gehörten Porträts von Familienmitgliedern wie dasjenige des Otto Peter Heyn in bürgerlichen Kreisen zur regulären häuslichen Einrichtung.(6) Im frühen 19. Jahrhundert, nach der Befreiung von der napoleonischen Herrschaft, war das Selbstbewusstsein der Städter wiedererwacht und damit auch ein allgemeines Bedürfnis nach repräsentativen Gemälden.(7) In Bremen schnellte die Zahl der gemalten Porträts ab 1820 rasant in die Höhe.(8) Ihre absolute Hochphase erreichte die Bildnismalerei in den 1830er und 1840er Jahren.(9) Mit der Verbreitung der Fotografie in der zweiten Jahrhunderthälfte wurde das Ende dieser Blütezeit eingeläutet.(10)

Kai Hohenfeld

(1) Vgl. Die Maus. Gesellschaft für Familienforschung e. V., Bremen, Stammtafel Nr. 7106.
(2) Vgl. o. V.: Altbremer Familienbilder, in: Weser-Kurier, Nr. 299, 24.12.1955.
(3) Vgl. Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von Ulrich Thieme/Felix Becker, hg. von Hans Vollmer, Bd. 35, Leipzig 1942, S. 239.
(4) Vgl. Wilhelm Waetzoldt: Die Kunst des Porträts, Leipzig 1908, S. 233.
(5) Wir danken Frau Prof. Waltraud Dölp, Bremen, für ihre freundliche Unterstützung bei der Analyse der dargestellten Kleidermode.
(6) Vgl. Kunst und Bürgerglanz in Bremen. Vier Ausstellungen zu 400 Jahren Kunstgeschichte, Kat. Ausst. Bremer Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte (Focke-Museum) u. a. 2000, S. 76.
(7) Vgl. Andreas Beyer: Das Porträt in der Malerei, München 2002, S. 291.
(8) Vgl. Kat. Ausst. 2000 (wie Anm. 6), S. 76.
(9) Vgl. Klaus Albrecht Schröder: Ferdinand Georg Waldmüller, Kat. Ausst. Kunstforum Länderbank Wien 1990, München 1990, S. 9.
(10) Vgl. Emil Waldmann: Das Bildnis im 19. Jahrhundert, Berlin 1921, S. 14f.
Abmessungen
  • Objekt: 61,5 x 50 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
1400-2005/7
Permalink

Werkinformationen

Künstler

August Wilhelm Wedeking (*Bremen 1807 - † München 1875), Maler

Werk
Titel:
Otto Peter Heyn, Bremer Kahnschiffer, der Schwiegervater des Künstlers (1783-1859)
Entstehungsdatum:
1841
Grunddaten
Abmessungen:
  • Objekt: 61,5 x 50 cm
Werktyp:
Gemälde
Technik:
Öl auf Leinwand
Bezeichnungen:
  • unten rechts signiert und datiert: Wedeking 1841
Erwerbsinformation:

    2005

  • Geschenk Kurt Freese, Gertrude Freese-Frerichs und Tochter Petra, Massapequa, New York 2005
Creditline
  • Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen

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