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NUTZUNGVON BILDDATEN
Johann Wilhelm Julius Köhnholz (*Bremen 1839 - † Bremen 1925), Maler
Das Loisachtal in den bayerischen Alpen, um 1871
Enthalten in der Kollektion:
Bremer Malerei 1800 bis 1950 in der Kunsthalle Bremen
Köhnholz malte das Loisachtal in seinen ersten Jahren als freischaffender Künstler in München. Es darf als Debüt und als Paradestück seiner Landschaftsmalerei gelten. Das Format ist ungewöhnlich groß im Verhältnis zu seinen späteren Landschaften und zeigt den repräsentativen Anspruch, mit dem der bislang als Kaufmann tätige Bremer zu Beginn der 1870er Jahre als Maler in München antrat. Das Bild dürfte um 1871 entstanden sein, 1872 war es bereits im Münchner Kunstverein ausgestellt.
Dargestellt ist der Blick vom Murnauer Moos ins Loisachtal in Richtung Süden auf das Wettersteingebirge mit der Zugspitze. Der Blick fällt von einem höher gelegenen Standort über das im Abendlicht liegende sumpfige Wiesental, das im Hintergrund von einem steil aufragenden Bergrücken – vielleicht das Ettaler Mandl – und dem Felsmassiv der Zugspitze begrenzt wird. Die untergehende Sonne lässt die Gletscher auf der Zugspitze und die schroffen Felshänge im Abendrot erglühen, ihre letzten Strahlen fangen sich an der rechts wie eine dunkle Kulisse ins Bild geschobenen Felswand, spiegeln sich in dem Wasserlauf des Baches im Vordergrund und tauchen die Landschaft in ein flackerndes Licht. In der Mitte der Talsohle sieht man in der Dämmerung der anbrechenden Nacht Bauern beim Beladen eines Erntewagens, und in der Ferne zeichnen sich die Silhouetten eines Dorfes und einer Kirche ab. Die Talebene ist wie eine Bühne inszeniert, auf der sich die Menschen vor dem großartigen Schauspiel der Natur klein und zerbrechlich ausnehmen.
Köhnholz monumentalisiert die Landschaft, indem er sie zu Blöcken zusammenzieht und ihre extremen Größenverhältnisse betont. In der gezielten Dramaturgie von Beleuchtungseffekten und Gegensätzen greift er auf Stilmittel der romantischen Landschaftsmalerei zurück. Allerdings zeigt sich bei Köhnholz ein ausgesprochen dingliches Interesse an der Beschaffenheit der Steine, Büsche, Erdklumpen und Felsformationen sowie an den Auswirkungen des Lichtes auf die Farbigkeit der natürlichen Gegebenheiten. So erscheint der Wasserlauf im Vordergrund durch das Abendlicht in Rot getaucht, während das Dämmerlicht ihn im Hintergrund grünlich schimmern lässt. Die Dinge sind, soweit die dunklen Schatten sie nicht verunklären, sowohl in der Nähe wie auch in der Ferne klar umrissen und sorgfältig wiedergegeben. Eine solche Nahsicht auf die Wirklichkeit wurde in dieser Form erstmals von der frühen Landschaftsfotografie festgehalten. Auch der Einsatz verschiedener Lichtquellen, die die Szenerie wie mit Scheinwerfern aus verschiedenen Richtungen beleuchten und die dadurch entstehenden harten Kontraste deuten auf Anregungen aus der zeitgenössischen Fotografie hin.
Bei den Münchner Landschaftsmalern der 1870er und 80er Jahre stand die Darstellung alpiner Motive naturgemäß im Vordergrund. Dabei waren das Nachspüren der atmosphärischen Wirkungen von Licht und Luft und die Wiedergabe der dadurch hervorgerufenen Stimmungen ein wichtiges Thema. Man denke etwa an Christian Ezdorf (1801–1851) oder an die Brüder Albert (1809–1888) und Richard (1820–1875) Zimmermann, die eine ähnliche spätromantische Stimmungsmalerei vertraten, an Robert Schultze (1828–1910) oder an Carl Millner (1825–1895), dessen heroische Berglandschaften mit ihrem akribischen Detailrealismus Köhnholz mit Sicherheit kannte. Darüber hinaus dürfte ihn auch die Landschaftsmalerei der Brüder Andreas und Oswald Achenbach stark beeindruckt haben, die in Bremen sehr geschätzt wurde und die er vermutlich bereits als junger Mann in den Ausstellungen des Kunstvereins kennen gelernt hatte.(1)
Anlässlich der ersten Präsentation des Bildes Loisachtal in Bremen bei der 24. Grossen Gemälde-Ausstellung des Kunstvereins von 1884 bemängelte man die „Beleuchtungseffekte“, die als „zu stark accentuirt und deshalb nicht ganz glaublich“ empfunden wurden.(2) Zu einem ähnlichen Urteil kam man 1891, als das Bild in der Frühjahrsausstellung der Kunsthalle zu sehen war. Da konnte man in den Bremer Nachrichten lesen: „Von unserem Jul. Köhnholz ist auch wieder eine Landschaft ausgestellt mit Alpenglühen. Indessen kommt uns das Hereinragen der weit entfernten Alpenkette in die Scenerie und die Spiegelung derselben im Gewässer des Vordergrundes nicht recht natürlich vor, möglich, dass es der Künstler so gesehen hat, die Darstellung aber erscheint gewagt, so schön sie auch ist.“(3)
Emil Fitger, der Bruder des Malers Arthur Fitger, teilte am 2. Mai 1891 in der Weser-Zeitung mit, „dass das am vorigen Sonntag ausgestellte prächtige Bild von Julius Köhnholz ‚Abend im Loisachthale‘ für die Kunsthalle angekauft ist, die damit das erste Bild unseres trefflichen heimischen Landschafters erwirbt.“(4) Und einen Tag später bekundeten auch die Bremer Nachrichten ihre Zustimmung zu dem Ankauf: „der Maler, ein zweiter Kalckreuth, nennt eine ebenso originelle als großartige Auffassung der Alpennatur sein eigen.“(5)
Katharina Erling
(1) Sowohl in den permanenten Ausstellungen als auch in den Grossen Ausstellungen des Kunstvereins zu Bremen waren regelmäßig Gemälde der Brüder Achenbach zu sehen. S. dazu: Album 97 mit Zeitungsausschnitten der Jahre 1877–1900 im Archiv der Kunsthalle sowie die Kataloge der Ausstellungen 1850, 1852, 1854, 1856, 1858, 1862, 1863, 1864, 1866, 1870.
(2) Anonym: Die grosse Ausstellung in der Kunsthalle. VI., in: Bremer Nachrichten, 6. April 1884.
(3) G. K.: Bremer Angelegenheiten. Aus der Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten, 26. April 1891.
(4) E. F. [= Emil Fitger]: Aus der Kunsthalle, in: Weser-Zeitung, 2. Mai 1891.
(5) G. K.: Aus der Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten, 3. Mai 1891.
Dargestellt ist der Blick vom Murnauer Moos ins Loisachtal in Richtung Süden auf das Wettersteingebirge mit der Zugspitze. Der Blick fällt von einem höher gelegenen Standort über das im Abendlicht liegende sumpfige Wiesental, das im Hintergrund von einem steil aufragenden Bergrücken – vielleicht das Ettaler Mandl – und dem Felsmassiv der Zugspitze begrenzt wird. Die untergehende Sonne lässt die Gletscher auf der Zugspitze und die schroffen Felshänge im Abendrot erglühen, ihre letzten Strahlen fangen sich an der rechts wie eine dunkle Kulisse ins Bild geschobenen Felswand, spiegeln sich in dem Wasserlauf des Baches im Vordergrund und tauchen die Landschaft in ein flackerndes Licht. In der Mitte der Talsohle sieht man in der Dämmerung der anbrechenden Nacht Bauern beim Beladen eines Erntewagens, und in der Ferne zeichnen sich die Silhouetten eines Dorfes und einer Kirche ab. Die Talebene ist wie eine Bühne inszeniert, auf der sich die Menschen vor dem großartigen Schauspiel der Natur klein und zerbrechlich ausnehmen.
Köhnholz monumentalisiert die Landschaft, indem er sie zu Blöcken zusammenzieht und ihre extremen Größenverhältnisse betont. In der gezielten Dramaturgie von Beleuchtungseffekten und Gegensätzen greift er auf Stilmittel der romantischen Landschaftsmalerei zurück. Allerdings zeigt sich bei Köhnholz ein ausgesprochen dingliches Interesse an der Beschaffenheit der Steine, Büsche, Erdklumpen und Felsformationen sowie an den Auswirkungen des Lichtes auf die Farbigkeit der natürlichen Gegebenheiten. So erscheint der Wasserlauf im Vordergrund durch das Abendlicht in Rot getaucht, während das Dämmerlicht ihn im Hintergrund grünlich schimmern lässt. Die Dinge sind, soweit die dunklen Schatten sie nicht verunklären, sowohl in der Nähe wie auch in der Ferne klar umrissen und sorgfältig wiedergegeben. Eine solche Nahsicht auf die Wirklichkeit wurde in dieser Form erstmals von der frühen Landschaftsfotografie festgehalten. Auch der Einsatz verschiedener Lichtquellen, die die Szenerie wie mit Scheinwerfern aus verschiedenen Richtungen beleuchten und die dadurch entstehenden harten Kontraste deuten auf Anregungen aus der zeitgenössischen Fotografie hin.
Bei den Münchner Landschaftsmalern der 1870er und 80er Jahre stand die Darstellung alpiner Motive naturgemäß im Vordergrund. Dabei waren das Nachspüren der atmosphärischen Wirkungen von Licht und Luft und die Wiedergabe der dadurch hervorgerufenen Stimmungen ein wichtiges Thema. Man denke etwa an Christian Ezdorf (1801–1851) oder an die Brüder Albert (1809–1888) und Richard (1820–1875) Zimmermann, die eine ähnliche spätromantische Stimmungsmalerei vertraten, an Robert Schultze (1828–1910) oder an Carl Millner (1825–1895), dessen heroische Berglandschaften mit ihrem akribischen Detailrealismus Köhnholz mit Sicherheit kannte. Darüber hinaus dürfte ihn auch die Landschaftsmalerei der Brüder Andreas und Oswald Achenbach stark beeindruckt haben, die in Bremen sehr geschätzt wurde und die er vermutlich bereits als junger Mann in den Ausstellungen des Kunstvereins kennen gelernt hatte.(1)
Anlässlich der ersten Präsentation des Bildes Loisachtal in Bremen bei der 24. Grossen Gemälde-Ausstellung des Kunstvereins von 1884 bemängelte man die „Beleuchtungseffekte“, die als „zu stark accentuirt und deshalb nicht ganz glaublich“ empfunden wurden.(2) Zu einem ähnlichen Urteil kam man 1891, als das Bild in der Frühjahrsausstellung der Kunsthalle zu sehen war. Da konnte man in den Bremer Nachrichten lesen: „Von unserem Jul. Köhnholz ist auch wieder eine Landschaft ausgestellt mit Alpenglühen. Indessen kommt uns das Hereinragen der weit entfernten Alpenkette in die Scenerie und die Spiegelung derselben im Gewässer des Vordergrundes nicht recht natürlich vor, möglich, dass es der Künstler so gesehen hat, die Darstellung aber erscheint gewagt, so schön sie auch ist.“(3)
Emil Fitger, der Bruder des Malers Arthur Fitger, teilte am 2. Mai 1891 in der Weser-Zeitung mit, „dass das am vorigen Sonntag ausgestellte prächtige Bild von Julius Köhnholz ‚Abend im Loisachthale‘ für die Kunsthalle angekauft ist, die damit das erste Bild unseres trefflichen heimischen Landschafters erwirbt.“(4) Und einen Tag später bekundeten auch die Bremer Nachrichten ihre Zustimmung zu dem Ankauf: „der Maler, ein zweiter Kalckreuth, nennt eine ebenso originelle als großartige Auffassung der Alpennatur sein eigen.“(5)
Katharina Erling
(1) Sowohl in den permanenten Ausstellungen als auch in den Grossen Ausstellungen des Kunstvereins zu Bremen waren regelmäßig Gemälde der Brüder Achenbach zu sehen. S. dazu: Album 97 mit Zeitungsausschnitten der Jahre 1877–1900 im Archiv der Kunsthalle sowie die Kataloge der Ausstellungen 1850, 1852, 1854, 1856, 1858, 1862, 1863, 1864, 1866, 1870.
(2) Anonym: Die grosse Ausstellung in der Kunsthalle. VI., in: Bremer Nachrichten, 6. April 1884.
(3) G. K.: Bremer Angelegenheiten. Aus der Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten, 26. April 1891.
(4) E. F. [= Emil Fitger]: Aus der Kunsthalle, in: Weser-Zeitung, 2. Mai 1891.
(5) G. K.: Aus der Kunsthalle, in: Bremer Nachrichten, 3. Mai 1891.
Abmessungen
- Objekt: 120 x 151 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
67-1891
Permalink
Werkinformationen
Künstler |
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Werk |
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Grunddaten |
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Creditline | Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen, Foto: Marcus Meyer Photography, Public Domain Mark 1.0 |
nicht ausgestellt