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NUTZUNGVON BILDDATEN
Wilhelm Steinhäuser (*Bremen 1817 - † Bremen 1903), Maler
Bildnis Ulrike Magdalena Zieseniß, 1850er Jahre
Enthalten in der Kollektion:
Bremer Malerei 1800 bis 1950 in der Kunsthalle Bremen
Provenienzforschung in der Kunsthalle Bremen
Wilhelm Steinhäuser porträtierte nicht nur Familienmitglieder, sondern auch Freunde und Bekannte. In diesem Falle handelt es sich um Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß, geb. Elten, die am 13. Dezember 1818 in Bremen geboren wurde und am 13. Januar 1898 in Vegesack starb.(1) Ihr Mann Friedrich Conrad Zieseniß (1813–1874) eröffnete 1839 in der Dechanatstraße 15 in Bremen das Hotel „Gasthof zum Hannoverschen Hause“.(2) Am 14. Februar 1847 war er Trauzeuge bei der Hochzeit von Apollonia Steinhäuser – der Schwester des Malers – und Georg Conrad Pacius, d.h. das Ehepaar Zieseniß zählte zum engeren Bekanntenkreis der Familien Steinhäuser und Pacius. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Ulrike Zieseniß Ende der 1870er Jahre die Hotelführung.(3) Über Kinder ist nichts bekannt, jedoch findet sich im Leichenbucheintrag der Stadtgemeinde Bremen 1894 ein Friedrich Heinrich August Zieseniß verzeichnet, der am 28. Oktober 1894 im Alter von 51 Jahren in der Oststraße 56, dem Wohnhaus von Frau Zieseniß, verstarb. Wahrscheinlich handelt es sich um ihren Sohn, der auf dem gleichen Friedhof und in der gleichen Grabstelle beigesetzt wurde.(4)
In dem Bildnis erscheint Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß als Brustbild vor dunkel-braunem Hintergrund. Das von rechts kommende Licht beleuchtet Teile ihres Kopfes und Oberkörpers, der schräg nach links ins Bild gesetzt ist. Sie hat den Kopf nach rechts gewendet und blickt schräg am Betrachter vorbei. Das Gesicht ist ebenmäßig und weich modelliert. Es wirkt porzellanartig, ein Effekt, der durch den auffälligen Glanzpunkt auf der Nasenspitze verstärkt wird. Im Gegensatz zu den realistischen Elternbildnissen arbeitete Steinhäuser beim Porträtieren junger Modelle mit weichen, summarischen Strichen, die die Gesichtszüge idealisieren.(5) Die großen dunkelbraunen Augen haben einen sehnsuchtsvollen und scheuen Blick, der durch Weißhöhungen in den Unterlidern erzielt wird. Um den sinnlichen Mund spielt ein Lächeln. Augenbrauen, Mund und Wangen wirken geschminkt.
In diesem Porträt hat Steinhäuser einen Hauptakzent auf die Wiedergabe von Kleidungs- und Schmuckdetails gelegt. Ulrike Magdalena ist in ein schlichtes, schwarzes, vermutlich langärmliges Kleid aus Seidentaft mit V-Ausschnitt gekleidet, das als Festrobe getragen wurde.(6) Der Ausschnitt des Kleides wird durch eine Spitzenrüsche eingerahmt, darunter ist ein weißes eingesetztes Brusttuch sichtbar. Es ist ungewöhnlich, dass die junge Frau auf ein farbiges Kleid verzichtet und sich in Schwarz präsentiert, das vor allem von der älteren Generation bevorzugt wurde. Über der rechten Schulter und dem rechten Arm liegt ein dekoratives, dunkelrotes Umschlagtuch mit einem Muster aus diagonalen Samtstreifen. Als Schmuck trägt die junge Frau eine kostbare goldene Achatkamee am Ausschnitt sowie im Stil dazu passende, gegossene Ohrgehänge. Die Gestaltung des Kleides und der Schmuck entsprechen dem Modestil der Jahre um 1850–1860. Der V-förmig gestaltete Kleidausschnitt ist vor allem in der Mode der ausgehenden 1840er und beginnenden 1850er Jahre ein Novum. Das Umschlagtuch scheint auf den großen Umhang des in den 1850er Jahren in der Frauenkleidung in Mode gekommenen Burnus zu verweisen. Der Kameen-Schmuck entspricht dem Modestil dieser Zeit.
Die im weichen Bogen über die Ohren gelegten langen Haare sind am Hinterkopf in einem Knoten zusammenfasst, der von einer farblich zum Kleid abgestimmten aufgesteckten Tüllhaube gehalten wird. Die Schleifenbänder der Haube sind seitlich am Hinterkopf zu erkennen. Dies war eine Ende der 1840er Jahre typische Damenfrisur, die bis in die 1850er Jahre aktuell blieb.(7)
Wilhelm Steinhäuser, der 1849 nach Auslandsaufenthalten in Belgien und Paris in seine Heimatstadt Bremen zurückkehrte, dürfte das Bildnis in der Zeit zwischen 1850 und 1860 gemalt haben. Die modischen Details sprechen für eine solche Datierung. Das Porträt von Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß ist ein privates Erinnerungsbild einer Freundin des Künstlers. Es wurde über Jahrzehnte in der Familie weitergegeben, bis es 1942 aus dem Nachlass von Frau Engelmann, einer Nacherbin von Ulrike Zieseniß, in die Kunsthalle Bremen gelangte.
Anke Schmidt-Staufenberg
(1) Die Leichenbücher der Stadtgemeinde Bremen von 1875–1934, Eintrag von 1898: Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß, Witwe, Sterbeort: Oststr. 56, Vegesack, DIE MAUS, Gesellschaft für Familienforschung e.V. Bremen.
(2) Hans Hermann Meyer: Die Bremer Altstadt, in:Veröffentlichung des Bremer Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Focke-Museum, Bremen 2003, S. 73; der Eintrag im Bremer Adressbuch von 1860 lautet: Ziesenis, Friedr. Conrad, Gastwirth, Hotel, Zum Hannoverschen Hause, Dechanatstr. 15 und Osterthorstr. 24. 1873 findet sich im Bremer Adressbuch der Brancheneintrag „Hannoversches Haus“, Hotel, Scheele&Ernst, Osterthorstr. 25, als Wohnort von Friedrich Conrad Zieseniß wird Uhlandstr. 18 angegeben, vgl. Sterbefälle 1874, Stadt Bremen, Civilstandregister, ferner Familienbericht, Ortsfamilienbuch Bremen und Vegesack. 1874 ist Friedrich Conrad Zieseniß als Privatmann, An der Weide 2 und in der Uhlandstr. 18 verzeichnet. 1875 lautet der Eintrag Ziesenis, Friedr. Conrad, Witwe, Uhlandstr. 18. 1880 heißt es im Brancheneintrag: Hotel „Hannoversches Haus“, Zieseniß, F.C., Witwe., Hotelbesitz, Osterthorstr. 25, vgl. Bremer Adressbücher (Personen u. Straßen, Branchen), Civilstandsregister 1839–1880, Staatsarchiv Bremen.
(3) Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich ein Zettel mit dem Vermerk:„Fr. Zieseniss, geb. Elten frühere Inhaberin des Hotels ‚Hannoversches Haus’ Bremen Dechanatstr. Aus dem Nachlaß von Frau Geheimrat Engelmann, Achim, als Nacherbin von Frl. Zieseniss, Vegesack“
(4) Vgl. Leichenbücher der Stadtgemeinde Bremen von 1875–1934, Leichenbucheintrag 1894, DIE MAUS, Gesellschaft für Familienforschung e.V. Bremen.
(5) Vgl. Steinhäusers Bildnisse von Franz Wilhelm Steinhäuser, Georg Conrad Pacius, Wilhelmine Henriette Steinhäuser und Apollonia Steinhäuser in der Kunsthalle Bremen.
(6) Wir danken Frau Prof. Waltraud Dölp, Hochschule für Künste Bremen, für die kostümhistorischen Informationen.
(7) Vgl. in diesem Zusammenhang das Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, Kaiserin Eugenie im Kreise ihrer Hofdamen, 1855, in: Franz Xaver Winterhalter and the courts of Europe 1830–70, Kat. Ausst. National Portrait Gallery, London / Petit Palais, Paris 1987/88, S. 130.
In dem Bildnis erscheint Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß als Brustbild vor dunkel-braunem Hintergrund. Das von rechts kommende Licht beleuchtet Teile ihres Kopfes und Oberkörpers, der schräg nach links ins Bild gesetzt ist. Sie hat den Kopf nach rechts gewendet und blickt schräg am Betrachter vorbei. Das Gesicht ist ebenmäßig und weich modelliert. Es wirkt porzellanartig, ein Effekt, der durch den auffälligen Glanzpunkt auf der Nasenspitze verstärkt wird. Im Gegensatz zu den realistischen Elternbildnissen arbeitete Steinhäuser beim Porträtieren junger Modelle mit weichen, summarischen Strichen, die die Gesichtszüge idealisieren.(5) Die großen dunkelbraunen Augen haben einen sehnsuchtsvollen und scheuen Blick, der durch Weißhöhungen in den Unterlidern erzielt wird. Um den sinnlichen Mund spielt ein Lächeln. Augenbrauen, Mund und Wangen wirken geschminkt.
In diesem Porträt hat Steinhäuser einen Hauptakzent auf die Wiedergabe von Kleidungs- und Schmuckdetails gelegt. Ulrike Magdalena ist in ein schlichtes, schwarzes, vermutlich langärmliges Kleid aus Seidentaft mit V-Ausschnitt gekleidet, das als Festrobe getragen wurde.(6) Der Ausschnitt des Kleides wird durch eine Spitzenrüsche eingerahmt, darunter ist ein weißes eingesetztes Brusttuch sichtbar. Es ist ungewöhnlich, dass die junge Frau auf ein farbiges Kleid verzichtet und sich in Schwarz präsentiert, das vor allem von der älteren Generation bevorzugt wurde. Über der rechten Schulter und dem rechten Arm liegt ein dekoratives, dunkelrotes Umschlagtuch mit einem Muster aus diagonalen Samtstreifen. Als Schmuck trägt die junge Frau eine kostbare goldene Achatkamee am Ausschnitt sowie im Stil dazu passende, gegossene Ohrgehänge. Die Gestaltung des Kleides und der Schmuck entsprechen dem Modestil der Jahre um 1850–1860. Der V-förmig gestaltete Kleidausschnitt ist vor allem in der Mode der ausgehenden 1840er und beginnenden 1850er Jahre ein Novum. Das Umschlagtuch scheint auf den großen Umhang des in den 1850er Jahren in der Frauenkleidung in Mode gekommenen Burnus zu verweisen. Der Kameen-Schmuck entspricht dem Modestil dieser Zeit.
Die im weichen Bogen über die Ohren gelegten langen Haare sind am Hinterkopf in einem Knoten zusammenfasst, der von einer farblich zum Kleid abgestimmten aufgesteckten Tüllhaube gehalten wird. Die Schleifenbänder der Haube sind seitlich am Hinterkopf zu erkennen. Dies war eine Ende der 1840er Jahre typische Damenfrisur, die bis in die 1850er Jahre aktuell blieb.(7)
Wilhelm Steinhäuser, der 1849 nach Auslandsaufenthalten in Belgien und Paris in seine Heimatstadt Bremen zurückkehrte, dürfte das Bildnis in der Zeit zwischen 1850 und 1860 gemalt haben. Die modischen Details sprechen für eine solche Datierung. Das Porträt von Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß ist ein privates Erinnerungsbild einer Freundin des Künstlers. Es wurde über Jahrzehnte in der Familie weitergegeben, bis es 1942 aus dem Nachlass von Frau Engelmann, einer Nacherbin von Ulrike Zieseniß, in die Kunsthalle Bremen gelangte.
Anke Schmidt-Staufenberg
(1) Die Leichenbücher der Stadtgemeinde Bremen von 1875–1934, Eintrag von 1898: Ulrike Magdalena Charlotte Zieseniß, Witwe, Sterbeort: Oststr. 56, Vegesack, DIE MAUS, Gesellschaft für Familienforschung e.V. Bremen.
(2) Hans Hermann Meyer: Die Bremer Altstadt, in:Veröffentlichung des Bremer Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Focke-Museum, Bremen 2003, S. 73; der Eintrag im Bremer Adressbuch von 1860 lautet: Ziesenis, Friedr. Conrad, Gastwirth, Hotel, Zum Hannoverschen Hause, Dechanatstr. 15 und Osterthorstr. 24. 1873 findet sich im Bremer Adressbuch der Brancheneintrag „Hannoversches Haus“, Hotel, Scheele&Ernst, Osterthorstr. 25, als Wohnort von Friedrich Conrad Zieseniß wird Uhlandstr. 18 angegeben, vgl. Sterbefälle 1874, Stadt Bremen, Civilstandregister, ferner Familienbericht, Ortsfamilienbuch Bremen und Vegesack. 1874 ist Friedrich Conrad Zieseniß als Privatmann, An der Weide 2 und in der Uhlandstr. 18 verzeichnet. 1875 lautet der Eintrag Ziesenis, Friedr. Conrad, Witwe, Uhlandstr. 18. 1880 heißt es im Brancheneintrag: Hotel „Hannoversches Haus“, Zieseniß, F.C., Witwe., Hotelbesitz, Osterthorstr. 25, vgl. Bremer Adressbücher (Personen u. Straßen, Branchen), Civilstandsregister 1839–1880, Staatsarchiv Bremen.
(3) Auf der Rückseite des Gemäldes findet sich ein Zettel mit dem Vermerk:„Fr. Zieseniss, geb. Elten frühere Inhaberin des Hotels ‚Hannoversches Haus’ Bremen Dechanatstr. Aus dem Nachlaß von Frau Geheimrat Engelmann, Achim, als Nacherbin von Frl. Zieseniss, Vegesack“
(4) Vgl. Leichenbücher der Stadtgemeinde Bremen von 1875–1934, Leichenbucheintrag 1894, DIE MAUS, Gesellschaft für Familienforschung e.V. Bremen.
(5) Vgl. Steinhäusers Bildnisse von Franz Wilhelm Steinhäuser, Georg Conrad Pacius, Wilhelmine Henriette Steinhäuser und Apollonia Steinhäuser in der Kunsthalle Bremen.
(6) Wir danken Frau Prof. Waltraud Dölp, Hochschule für Künste Bremen, für die kostümhistorischen Informationen.
(7) Vgl. in diesem Zusammenhang das Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, Kaiserin Eugenie im Kreise ihrer Hofdamen, 1855, in: Franz Xaver Winterhalter and the courts of Europe 1830–70, Kat. Ausst. National Portrait Gallery, London / Petit Palais, Paris 1987/88, S. 130.
Abmessungen
- Objekt: 67,5 x 61 cm
Raum
nicht ausgestellt
Inventarnummer
167-1942/2
Permalink
Werkinformationen
Künstler |
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Werk |
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Grunddaten |
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Creditline | Kunsthalle Bremen - Der Kunstverein in Bremen, Foto: Karen Blindow, Public Domain Mark 1.0 |
nicht ausgestellt